Wiener Seitan-Schnitzel an lauwarmem Kartoffelsalat

Leben ohne Fleisch geht gut, ohne Wiener Schnitzel kann es ganz schön schwer sein, besonders in der klassischen Kombination mit lauwarmem Kartoffelsalat. Ermutigend ist aber, dass unter allen Fleischersatzprodukten im Supermarktregal das vegane Schnitzel erstaunlich gut schmeckt. Und doch bleibt es ein Fertigprodukt, muss man eigentlich nicht haben.

Wiener Seitan-Schnitzel an lauwarmem Kartoffelsalat

Ich begann also zu recherchieren, welche Optionen es gibt, um Kurzgebratenes ohne Fleisch herzustellen. Als Grundsubstanz wird in der Regel Soja oder Seitan oder eine Mischung aus Beidem eingesetzt. Sojaprodukte und Seitan haben gemeinsam, dass sie weitestgehend geschmacksneutral sind. Das haben sie allerdings auch gemeinsam mit fast allem Fleisch, das regelmäßig paniert gebraten wird. Die Schlüsselfaktoren müssen die Textur des Panierten und die Würze sein. Beim Würzen hat die vegetarisch-/vegane Variante sogar den Vorteil, dass man die Gewürze direkt in das Bratgut einarbeiten kann. Einen ähnlichen Effekt lässt sich bei Fleisch, nur teilweise, durch Marinade erzielen.

Wo aber anfangen? Soja oder Seitan? Soja ist an dieser Stelle ein Synonym für Tofu, was in Europa ebenfalls realistisch nur als Fertigprodukt verfügbar ist, jedenfalls bis ich hier beschreibe, wie man es aus Sojabohnen selbst herstellt. Also Seitan. Aber was ist Seitan eigentlich?

Seitan - japanisch セイタン (Mianjin) - ist das Gegenteil von glutenfreier Ernährung, es ist pures Gluten. Gluten? Gluten ist das Klebereiweiß, das man aus dem Hefeteig kennt, nämlich die Substanz, die dafür verantwortlich ist, dass der Hefeteig so hartnäckig an Finger und Schüsseln klebt, allerdings auch dafür, dass das Sonntagsbrötchen oder Fladenbrot so lecker ist.

Wie kommt man an Seitan heran? Es gibt ihn zunächst im Glas als Fertigprodukt zu kaufen. Mit geringfügig mehr Aufwand kann man Seitan auch aus Glutenmehl und Wasser selber herstellen. Allerdings gehören weder fertiger Seitan noch Glutenmehl zum Standardangebot im lokalen Supermarkt. Hier ist deshalb beschrieben, wie man Seitan aus normalem Weizenmehl gewinnt.

Dazu wird zunächst ein Teig aus Mehl und Wasser hergestellt, aus dem die Stärke - der Hauptbestandteil von Mehl - in einem relativ langwierigen Prozess herausgewaschen wird, so dass am Ende nur noch das Klebereiweiß bzw. Gluten zurückbleibt, das weniger als 10 Prozent der Bestandteile des Mehls ausmacht.

Es wird oft berichtet, dass das manuelle Herauswaschen des Mehls schwierig sei und oft misslinge. Tatsächlich braucht man kein besonderes Geschick, sondern lediglich viel Zeit und viel Wasser. Dennoch empfehle ich aus verschiedenen Gründen, die Herstellung aus Glutenmehl.

Zum Auswaschen der Stärke aus dem Teig benötigt man ökologisch bedenkliche Mengen an Leitungswasser. Außerdem spült man mehr als 90 Prozent der Bestandteile des Mehls, in erster Linie Stärke und wasserlösliche Eiweiße, in die Kanalisation. In industriellen Fertigungsanlagen lässt sich dieser Prozess effizienter umsetzen, und die ausgewaschenen Bestandteile auffangen.

Neben der Zeitersparnis gibt es aber noch einen ganz praktischen Grund, der für die Herstellung aus Glutenmehl spricht. Das Glutenmehl kann bei der Herstellung direkt gewürzt werden oder zum Beispiel mit Gemüsebrühe oder etwas Sojasoße angerührt werden. In selber ausgewaschenen Seiten lassen sich Gewürze hingegen nur sehr schwer einbringen. Meine ursprüngliche Idee, dem Seitan mit etwas Tomatenmark eine rosa Färbung zu verleihen, hat nicht wirklich funktioniert, weil das Tomatenmark partout nicht in die Masse eindringen will.

Nichtsdestotrotz sei hier die Do-It-Yourself-Methode beschrieben, die trotz der beschriebenen Nachteile zumindest den Forscherdrang befriedigt. Wer auf Seitan aus dem Glas zurückgreifen will oder den Seitan aus Glutenmehl anrührt, muss das Rezept sinngemäß abwandeln.

Zutaten

Für 4 Portionen.

Zubereitungszeit: 2-4 Stunden plus mindestens 3 Stunden Ruhezeit, je nach Zubereitungsart

Seitan

  • 1 kg Weizenmehl Type 405
  • 750 ml Wasser

Lauwarmer Kartoffelsalat

  • 1 Möhre
  • 1 Stange Lauch
  • 100 g Knollensellerie
  • 1 Zwiebel
  • etwas Zucker
  • 10 Pfefferkörner
  • 500 g festkochende Kartoffeln
  • 1 Zwiebel
  • 100 g Gewürzgurken
  • 2 Frühlingszwiebeln
  • 1 rote Peperoni
  • 2 Radieschen
  • 1 EL Essig
  • 1 EL Gurkenwasser
  • 2 EL Öl
  • 1 gestrichener TL Senf
  • 1 Bund Schnittlauch
  • Salz
  • Pfeffer

Seitan-Schnitzel

  • 300 g Seitan
  • 1 TL Tomatenmark
  • 4 verschließbare, hitzebeständige Gefrierbeutel
  • 1 unbehandelte Zitrone
  • Salz
  • Pfeffer
  • 200 g Mehl
  • 4 EL Hefeflocken (vegane Variante)
  • 80 ml Wasser (vegane Variante)
  • 2 Eier (vegetarische Variante)
  • 200 g geriebenes trockenes Weißbrot oder fertiges Paniermehl
  • 60 g Margarine (vegane Variante)
  • 60 g Butter (vegetarische Variante)
  • 60 g Olivenöl

Zubereitung

Seitan

Dieser Schritt kann übersprungen werden, wenn Seitan aus dem Glas verwendet wird. Wird der Seitan aus Glutenmehl hergestellt, mischt man den Teig aus ca. 200 g Glutenmehl und gut 200 ml Wasser an. Der Teig kann dabei direkt gewürzt werden.

  1. Aus 1000 g Mehl und 750 ml Wasser einen Teig kneten.
    Zubereitung des Grundteigs
  2. Den Teig mit Klarsichtfolie abgedeckt mindestens drei Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.
    Ruhen des Teigs Der Teig geht auch ohne Hefe etwas auf.
  3. Die Stärke auswaschen. Dazu Wasser in die Teigschüssel geben, den Teig kneten, und das Wasser immer wieder austauschen, bis es völlig klar bleibg. Das dauert circa eine Stunde. Zurück bleibt ein leicht glänzender, elastischer Teigballen, der hauptsächlich aus Gluten und Wasser besteht.
    Auswaschen der Stärke Am Anfang ist es schwer zu glauben, dass das Auswaschwasser irgendwann klar werden könnte.

Lauwarmer Kartoffelsalat

  1. 1 Möhre, gut 100 g Sellerie und eine Stange Lauch putzen und kleinschneiden.
  2. 1 rote Zwiebel mit Schale halbieren, die Schnittfläche in Zucker drücken und die beiden Zwiebelhäften in einer beschichteten Pfanne karamellisieren.
  3. Gemüse, Zwiebel und 10 Pfefferkörner mit einem Liter kaltem Wasser aufsetzen. Die Brühe bei mittlerer Temperatur zum Kochen bringen. Sobald sie kocht, die Temperatur senken und ca. eine Stunde köcheln lassen.
    Ansetzen der Gemüsebrühe
  4. 500 g festkochende Kartoffeln mit Schale gar kochen.
  5. Während die Kartoffeln kochen, 1 Zwiebel, 100 g Gewürzgurken, 2 Frühlingszwiebeln, und 1 rote Peperoni klein schneiden. 2 Radieschen in dünne Scheibe schneiden.
    Zutaten für den Kartoffelsalat
  6. Wenn die Kartoffeln gar sind, pellen und in 5-10 mm dicke Scheiben schneiden.
    Vorbereiten der Kartoffeln
  7. 200 ml der Gemüsebrühe (je nach Kochzeit der Brühe bleibt mehr oder weniger viel Brühe übrig) erhitzen, mit 2 EL Öl, 1 EL Gurkenwasser, 1 EL Essig und 1 gestrichenem TL Senf verrühren. Die Kartoffelscheiben, die kleingeschnittene Zwiebel, Frühlingszwiebeln, Pepperoni und Radieschen in die Brühe geben. und alles 10 Minuten ziehen lassen. Auf dem Foto oben fehlen die Radieschen, weil gerade keine zu bekommen waren.
  8. Den Schnittlauch in 1 cm breite Röllchen schneiden und unter den leicht erkalteten Kartoffelsalat geben. Nochmals verrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Seitan-Schnitzel

  1. Salz, Pfeffer und Tomatenmark mit kräftigem Kneten in den Seitan einarbeiten. Bei Verwendung fertigen Seitans überspringt man diesen Schrittt normalerweise, weil er bereits gewürzt ist. Hat man den Seitan dagegen direkt aus Glutenmehl hergestellt, würzt man stattdessen direkt das Glutenmehl.
  2. Aus dem Seitan vier möglichst flache Schnitzel formen. In hitzebeständige Gefrierbeutel füllen und mit einer Pfanne oder einem Topf flachdrücken. Die Luft aus den Beuteln drücken und sorgfältig verschließen.
  3. Die Schnitzel in den fest verschlossenen Beuteln mindestens eine Stunde in Wasser kochen. Wenn der Topf mit einem Deckel verschlossen ist, gibt es keinen Grund, die Beutel zu wenden, weil der Dampf heiß genug ist.
    Entstehung der Schnitzel
  4. Falls man die Schnitzel nicht sofort verwenden will, kann man sie in den Beuteln im Kühlschrank für mehrere Tage, im Gefrierschrank bei -18 °C für mehrere Monate lagern.
  5. Eine Panierstation aus zwei flachen und einem tiefen Teller vorbereiten: 200 g Paniermehl, auf den flachen Teller geben, der dem Herd am nächsten ist. Im tiefen Teller in der Mitte 4 EL Hefeflocken mit 80 ml Wasser verrühren. Alternativ können auch zwei Eier oder Ei-Ersatz, im Zweifelsfall Wasser verwendet werden. Auf einen weiteren flachen Teller 200 g Mehl geben.
  6. Eine Zitrone halbieren. Die eine Hälfte in Scheiben schneiden.
  7. Die Seitanschnitzel von beiden Seiten salzen, pfeffern und mit etwas Zitronensaft aus der anderen Zitronenhälfte besprenkeln.
  8. 60 g Margarine oder 60 g Butter und 60 g Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Nicht sparen, die Schnitzel müssen schwimmend ausgebacken werden.
  9. Ein Seitanschnitzel im Mehl wenden und abklopfen. Danach im Ei-Ersatz oder Ei schwenken, bis es vollständig benetzt ist. Zum Schluss im Paniermehl wenden, leicht abklopfen und ins heiße Fett geben. Wenn die Butter und das Öl dabei aufschäumen, hat es die richtige Temperatur.
    Panieren der Schnitzel Das Klopfen der Schnitzel ist absolut sinnfrei, aber sorgt für eine adäquate Geräuschkulisse und ein paar authentisch wirkende Löcher im Fleischersatz.
  10. Den Herd ganz kurz hochschalten, damit das Fett nicht abkühlt und in die Panade eindringt. Die Pfanne regelmäßig schwenken und immer wieder heißes Brattfett über die Schnitzel geben, damit sich die Panade appetitlich wellt. Bei Kalbfleisch gelingt mir das meist, bei den veganen Schnitzeln hat es nicht geklappt. Beim nächsten Mal werde ich die Schnitzel vor dem Panieren dünn mit Olivenöl bestreichen, damit die Panierung etwas weniger stark haftet.
  11. Die fertigen Schnitzel von beiden Seiten mit Küchenpapier abtrocknen, mit einer Zitronenscheibe und Petersilie garnieren und mit dem lauwarmem Kartoffelsalat servieren. Die alternative, klassische Garnitur besteht aus einem gerollten Sardellenfilet mit Kapern.

Fazit

Die Schnitzel sind je nach den Details der Zubereitung vegetarisch oder sogar vegan, sie lassen sich natürlich auch leicht durch klassische Kalbsschnitzel ersetzen. Das Rezept ist deshalb sehr gut geeignet, wenn es deftig sein soll, aber man trotzdem Rücksicht auf individuelle Essgewohnheiten vegan, vegetarisch oder mit Fleisch nehmen will. Die erforderlichen Abweichungen beim Rezept sind minimal, und am Tisch sitzen alle mit dem gleichen Gericht, aber individuell angepassten Zutaten.

Es gibt jedoch auch Menschen mit Glutenunverträglichkeit. Mit Seitan auf der Speisekarte, also purem Gluten, wird man bei diesen Leuten aus nachvollziehbaren Gründen, keine Fangemeinde gründen können. Aber auch eine Scheibe blanchierter Sellerie schmeckt als Schnitzel köstlich.

Aber wie sieht es mit dem Geschmack aus? Zuhause, selbst zubereitet sind die Schnitzel definitiv besser, als alles Fertige aus dem Supermarkt. Bei der Textur, der Haptik hat allerdings die Fertigware die Nase vorn. Bei den Fertigprodukten werden Gemüsefasern, zum Beispiel Erbsenfasern, in den Fleischersatz eingearbeitet, wodurch die Textur der von Fleisch ziemlich nahe kommt. Ich finde das nicht so wichtig, meine Schnitzel waren weder zu weich noch gummiartig, sondern bissfest mit sehr angenehmer Konsistenz.

Anschnitt der veganene Schnitzel

Von der Farbe und Textur kommt das Homemade-Schnitzel also nicht ganz mit. Wen das stört, der muss also bei der Fleischemulation noch weiter experimentieren. Ich brauche das nicht, denn das Schitzel schmeckt weitaus besser, als es auf dem Foto aussieht.

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